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Leitfaden für die Abwicklung eines Architekturfotoauftrages
Update 2015: In der Architekturfotografie hat das digital fotografierte Bild das analoge weitgehend abgelöst. Die Überarbeitung des Leitfadens berücksichtigt diese Änderungen. |
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Definition der Anforderungen
Der Umfang des Auftrages (Außen-/Innenaufnahmen, Details, wichtige Materialien und Standpunkte, verschiedene Lichtstimmungen, Dämmerungs-/Nachtaufnahmen etc.) und die Art der Nutzung müssen zuerst festgelegt werden.
Eine klare Definition erleichtert die Kostenschätzung und hilft darüber hinaus die Anforderungen an die Fotos und damit auch an die Fotografin/den Fotografen zu bestimmen.
Aufnahme- und Fertigstellungstermin sollten bekannt sein. |
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Auswahl einer Fotografin/eines Fotografen
Die Anforderungen an die Fotos und die spezifische Sichtweise einer Fotografin/eines Fotografen bestimmen wesentlich die Wahl. Viele Fotografinnen und Fotografen bieten zusätzliche Leistungen im Bereich der Weiterverarbeitung und Verbreitung der Fotos an, aber auch die Spezialisierung auf bestimmte Bereiche innerhalb der Architekturfotografie kann ein Auswahlkriterium sein.
Die Fotografie spielt in der Vermittlung von Architektur eine entscheidende Rolle, die Wahl der richtigen (Bild-)Sprache kommuniziert die Ideen visuell. Die Qualität der Fotos repräsentiert die Qualität der Architektur.
Die Mitglieder der IG-Architekturfotografie finden sie unter mitglieder. |
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Kosten
Für die Erstellung eines Kostenvoranschlags sollte eine Auftragsbeschreibung (s. Definition der Anforderungen) vorliegen und geklärt sein, wer die Fotos, wofür, wie lange nutzen will.
Der Aufwand für professionelle Architekturfotografie setzt sich im Wesentlichen aus folgenden Teilen zusammen:
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Arbeitshonorar |
Die Produktionskosten werden in erster Linie durch den gesamten Zeitaufwand für die Durchführung eines Auftrages bestimmt. Man unterscheidet 3 Phasen:
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pre-production |
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production |
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post-production |
Die pre-production umfasst unter anderem: Besprechung des Auftrages, Besichtigung, Terminvereinbarung und Vorbereitungen am Aufnahmeort. Sorgfältige Planung durch den Auftraggeber und gut funktionierende Kommunikation zwischen Auftraggeber, Fotograf und Eigentümern/Benutzern des Gebäudes ermöglichen maximale Produktivität vor Ort. Schlechte Bedingungen behindern das Fotografieren. So entstehen weniger und/oder schlechtere Fotos und Mehrkosten durch einen höheren Zeitaufwand.
Die wichtigsten Fragen sind:
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Ist das Objekt auch wirklich fertig bzw. in einem Zustand, der ein sinnvolles Fotografieren zulässt? |
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Ist der Zutritt zum Objekt (innen und außen) über die gesamte Dauer der Aufnahmen möglich und sind alle Beteiligten (Eigentümer/Mieter, Sicherheitsdienste, Wartungs- und Reinigungspersonal etc.) über Dauer und Umfang der Fotoaufnahmen informiert? |
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Wird eine Fotogenehmigung benötigt? |
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Funktioniert die gesamte Beleuchtungsanlage? |
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Ist ein Zugriff auf Lichtsteuerung und Steuerung der Verdunklung/des Sonnenschutzes möglich? |
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Sind Umbau- oder Wartungsarbeiten (innen und außen) geplant? |
Eine detaillierte (englische) Checkliste zur optimalen Vorbereitung finden Sie unter www.asmp.org/commerce/apsgcklst.php.
Die production umfasst das eigentliche Fotografieren inklusive der An- und Abreisezeiten.
Unter post-production versteht man die Weiterverarbeitung der Fotos bestehend aus Datensicherung, Bildauswahl/-sortierung, Bildbearbeitung und -retusche, Archivierung inkl. Sicherungskopien und Bildversand. Auch die Produktion von Vergrößerungen inkl. Kaschierung und Rahmung kann hinzukommen.
Viele Fotografinnen und Fotografen verrechnen auf der Basis von Tageshonoraren. Die Anzahl der Bilder, die im Laufe eines Tages entstehen können, hängt sehr von der individuellen Arbeitsweise und den Arbeitsbedingungen ab. Die klimatischen Verhältnisse spielen hier eine nicht zu vernachlässigende Rolle.
Übliche Tageshonorare für professionelle Architekturfotografie bewegen sich zwischen € 1200,- bis € 2000,- netto.
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Bildaufbereitung |
Auch wenn in der digitalen Fotografie keine Film- und Laborkosten anfallen, ist der zeitliche Aufwand für eine professionelle Bildweiterverarbeitung (s. "post-production") nicht zu unterschätzen. Sollen die Fotos darüber hinaus retuschiert werden, fallen zusätzlich zur Bildaufbereitung Mehrkosten an.
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Spesen |
Die Mitarbeit einer Assistentin/eines Assistenten erhöht die Produktivität ganz wesentlich. Reisekosten, Hotel, Miete für zusätzliches Equipment und ähnliche Ausgaben werden hier verrechnet.
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Weiterverarbeitung |
So einfach die digitale Datenweitergabe auch scheint, hat sie auch ihre Tücken. Das Wissen um Bild- und Dateigrößen, Farbprofile, passende Bildauflösung, Komprimierung (JPGs!), richtig geschärfte Bilder etc. kann nicht immer vorausgesetzt werden. Hier ist vor allem Kommunikation zwischen dem Fotografen, und jenen die Bilder weiterverarbeiten, gefragt.
Viele Fotografinnen und Fotografen unterstützen ihre Auftraggeber durch ihre Kontakte zu Zeitschriften und Verlagen. Online-Bildarchive erleichtern die Auswahl und Übermittlung von Architekturbildern.
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Lizenzgebühren (Honorar für die Bildnutzung) |
reflektieren den Wert eines Fotos, abhängig von Art, Umfang und Dauer der Nutzung. Je umfangreicher die geplante Nutzung der Fotos, desto höher die Gebühren.
Beispiel:
Eine übliche Vereinbarung zwischen einem Architekten als Auftraggeber und der Fotografin/dem Fotografen beinhaltet die Nutzung der Fotos durch den Architekten, nicht jedoch die Weitergabe an bzw. Verwendung durch Dritte. Der Architekt darf die Fotos verwenden für Präsentationen, Vorträge, seine Homepage etc.
Sollen die Fotos an Dritte weitergegeben werden, ist der Fotograf zu informieren und sein Einverständis einzuholen.
Beteiligen sich mehrere Auftraggeber an den Kosten eines Fotoauftrages, muss für jeden der Auftraggeber die beabsichtigte Nutzung definiert werden. Die Lizenzgebühren für die Beteiligten richten sich nach Art, Umfang und Dauer der jeweiligen Nutzung.
Klare Vereinbarungen, die von allen Beteiligten auch verstanden werden, vermeiden nachträgliche Forderungen und rechtliche Auseinandersetzungen und müssen vor Beginn der Aufnahmen getroffen werden. (siehe Urheberrecht)
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Technisches
Grundsätzlich kann Architektur natürlich mit jeder Kamera fotografiert werden. Ob Mobiltelefon oder Lochkamera mit SW-Film vom Stativ ist letztlich eine Frage des persönlichen Stils.
War bis vor einigen Jahren die Großformatkamera mit ihren Möglichkeiten der Verstellbarkeit zum Ausgleich stürzender Linien und der Beeinflussung der Perspektive das klassische Werkzeug der Architekturfotografie, ist sie heute weitgehend von digitalen Kleinbild- und Mittelformatsystemen abgelöst worden. Tilt-Shift-Objektive bzw. –adapter und beim Mittelformat auch verstellbare Kamerasysteme ermöglichen ein mit der Großformatkamera ähnliches Arbeiten. Digitale Systeme (Kameras und Software) ermöglichen auch Techniken die mit analogen Kameras nicht/kaum möglich waren (Kontrastbewältigung-HDR, Zusammenfügen mehrerer Bilder, Panoramaaufnahmen, Fotografieren bei sehr wenig Licht, Fotos mit Menschen u.a.).
Digitale Bilder werden mit dem technischen Fortschritt immer größer und damit steigen auch die Anforderungen an die Computerhardware. Die anfallenden Datenmengen müssen nicht nur verarbeitet, sondern auch gespeichert und archiviert werden (Backups!). Die neuesten Kameras erzeugen Bildgrößen, die für die allermeisten Anwendungen vielfach zu groß sind.
Ein hochwertiger, kalibrierter(!) Bildschirm ist Voraussetzung für eine farbverbindliche Bildbearbeitung, da er die einzige Referenz für das digitale Bild darstellt.
Die Wahl der Werkzeuge und der persönliche Stil einer Fotografin/eines Fotografen beeinflussen einander in spannender Art und Weise. (Ein Satz aus analogen Zeiten, ob dieser im digitalen Zeitalter so noch gültig ist, sei zur Diskussion gestellt.)
Rupert Steiner, Oktober 2015 |
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Weitere Informationen
Die American Society of Media Photographers (ASMP) stellt auf Ihrer Homepage Informationen und eine Broschüre Comissioning Architectural Photography www.asmp.org/commissioning/overview.html zur Verfügung. |
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Projekt
WohnDNA Gratkorn, A
ArchitektInnen
Ortis/Weichlbauer
Foto
Peter Eder
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